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Notgeld mit den Unterschriften des Beigeordneten Harth und des Gemeinderats Sittmann, 1923

Notgeld, Briefmarkengeld und Rentenmark

Eine Rentenmark entspricht einer Billion Papiermark. Im besetztem Gebiet allerdings, das der Hohen Interalliierten Rheinlandkommission (IARK) mit Sitz in Koblenz unterstand, konnte nicht nur die Einführung der neuen Währung, sondern auch die Einführung von „wertbeständigem Notgeld“ auf Goldmark, Dollarbasis oder Sachwerten wie Roggen, Brot, Zucker, Rinderfett, Wasser oder Holz bis zum 30. November 1923 verhindert werden. Diese Bewegung fand in der Bevölkerung keine Zustimmung, da sie eine Destabilisierung der öffentlichen Ordnung betrieben.

Willkürliche Beschlagnahmungen, Verhaftungen und Ausweisungen aus den besetzten Gebieten führten oft zu teilweise gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Bevölkerung. Einen Rückhalt erhofften sich die Separatisten unter den zahlreichen Arbeitslosen mit der Ausgabe von Notgeldscheinen, denen jedoch jede Deckung fehlte.

Kurios war es mit dem Geld, das von Groß-Gerau für den gesamten Kreis ausgegeben wurde. Es gab drei verschiedene Ausgaben, die sich gegenseitig Konkurrenz machten. Der separatistische Kreiskommissar Schäfgen, der Bezirkskommissar Schneider und der Direktor des Kreisamtes Dr. Wallau ließen jeweils eigene Scheine in Umlauf bringen. Mehrmals versuchten die Separatisten erfolglos die Rheinische Republik auszurufen. Am 9. Februar 1924 bricht schließlich die separatistische Bewegung zusammen. Viele Separatisten fliehen oder wandern nach Südamerika aus. Die Verhältnisse normalisieren sich, obwohl die Franzosen erst am 30. Juni 1930 die besetzten Gebiete räumen.

Während die Inflation für Millionen von Zeitzeugen ein traumatisches Erlebnis war, gab es einige Profiteure. Da die Reichsbank der Industrie laufend kurzfristige Kredite aus der vermehrten Banknotenausgabe zur Verfügung stellte, konnten viele Unternehmen ihren Besitz mit Hilfe der fortschreitenden Geldentwertung erweitern. Gemäß dem Grundsatz „Mark = Mark“ konnten Kredite, die in höherwertigem Geld aufgenommen worden waren, mit entwertetem Geld zurückgezahlt werden. Schulden lösten sich in nichts auf. Ein noch größerer Profiteur war jedoch der Staat. Seine gesamten Kriegsschulden in Höhe von 164 Milliarden Mark beliefen sich bei der Währungsumstellung am 15. November 1923 auf gerade einmal 16,4 Pfennige.

Am Ende der Inflation war der Papierwert der ersten Inflationsscheine größer als die Kaufkraft ihres Nennwertes. So verwendete man die Scheine vielfach zweckfremd und überdruckte sie zu Eintrittskarten, Mitgliederausweisen, Quittungen, Festtagsglückwünschen oder nutzte sie für politische Propagandazwecke.